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Filmlook während des Drehs

1. Schauspieler / Drehbuch

Ich will es noch einmal deutlich machen: Ein Film kann allein von einem guten Drehbuch und guten Schauspielern getragen werden, mehr braucht er nicht! Denn es sind die Geschichte und die Konflikte der Personen die den Zuschauer interessieren und fesseln, und das kann eben nur von glaubwürdigen Schauspielern rübergebracht werden. Ein gutes Beispiel dafür ist Lars von Triers "Dogville". Dieser Film kommt sogar ohne große Ausstattung und Kulissen aus, und fesselt einen doch fast 3 Stunden lang.

Man sollte seine Ideen solange wie möglich reifen lassen, und mit jemandem, der kritikfähig ist, darüber sprechen. Eine gute No-Budget-Variante in Sachen Schauspieler ist, ihnen einfach gar keinen Text zu geben. Das klappt meist hervorragend, solange dann auch die technischen Aspekte stimmen, siehe Schneesturm oder Bittersüß. Genau das gegenteilige Beispiel dafür ist Verräterische Oliven (gibt's bald zum Download). Richard hat in Sachen Technik und Look nur lobende Worte gehört, doch es gab viel Schelte gegen das Drehbuch und die Schauspieler. Dieser Film ist ein Paradebeispiel dafür, wie stark schlechte Schauspieler den Gesamteindruck eines technisch einwandfreien Film herunterziehen können. Der Film krankt wohl vor allem daran, dass er es einfach zu ernst meint. Diesen Aspekt sollte man als No-Budget-Filmer immer vor Augen haben: Wenn man es wirklich ernst meint, dann halt nur mit Freundeskreis-Schauspielern, die keinen Text haben, oder eben mit Erfahrenen, die einen Drehbuchtext wirklich glaubhaft rüberbringen können.


2. Beleuchtung

Der wohl zweitwichtigste Punkt, um während des Drehs einen Filmlook zu erzeugen, ist die richtige und atmosphärische Beleuchtung. Darüber kann man ganze Bücher schreiben. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, es gibt im Internet zahllose Artikel darüber, aber ich möchte noch ein bisschen aus unserer persönlichen Erfahrung berichten. Seit wir angefangen haben, mit richtigen Scheinwerfern zu drehen, sind die Filme wirklich optisch ansprechender geworden. Bei Mein Haus 3 gelang es uns sogar, ein glaubhaftes Nacht-Feeling zu erzeugen, obwohl die Szenen sehr stark ausgeleuchtet waren. Es war halt nur der blaue Weißabgleich und eine extrem heruntergezogene Blende.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal Verräterische Oliven erwähnen. Hier setzten wir erstmals farbiges Licht ein (getönt mit Scheinwerferfolien aus dem "Kameramann"), und es hat seine Wirkung nicht verfehlt. Der Look ist bis jetzt unübertroffen. Also bleibt mir nur zu sagen: Beleuchte, wenn es möglich ist! Du kannst auch eine einfache Schreibtischlampe benutzen, aber es ist besser als nichts. So haben wir bei Mein Haus auch angefangen. Wenn du richtige Scheinwerfer zur Verfügung hast, belese dich im Netz über die Grundlagen der Standardbeleuchtung mit Haupt-, Aufhell- und Hintergrundlicht, und experimentiere damit. Aber vor allem: Baue das Licht rechtzeitig auf! Es gibt nichts Schlimmeres, als sich langweilende und deshalb nervende Schauspieler, die darauf warten müssen, dass die Lichttests und Probebeleuchtungen endlich beendet werden.

 

[ Szene aus "Mein Haus 3" und "Verräterische Oliven" ]


3. Kameraarbeit

Natürlich ist auch die Kameraarbeit von größter Wichtigkeit für ein perfektes Filmerlebnis. Wichtig ist hierbei vor allem die Benutzung eines Stativs, und der spärliche Einsatz von Zooms. Und wenn während der Szene gezoomt wird, dann nur gaaaaanz langsam, so dass man es fast nicht merkt! Dummerweise ist das mit den unsensiblen Zoomreglern heutiger Videokameras nur sehr schwer möglich, aber wenn es klappt, dann könnte so was für das ungeübte Auge glatt als Dollyfahrt durchgehen. Tipp: Bei der Canon XL1s (und wahrscheinlich auch XL2) kann man im Menü die Zoomgeschwindigkeit für den Minizoomregler am oberen Aufnahmeknopf einstellen. Wenn man hier auf "slow" stellt, bekommt man butterweiche und schön langsame Zoomfahrten hin. Wer schon einmal versucht hat, am Objektiv möglichst langsam aber ohne Ruckeln den Zoomring zu drehen, der wird diese Funktion lieben, mich eingeschlossen.

Wer das Equipment oder das Geld dazu hat, der kann natürlich auch Dollys, Schwebestative (sog. Steadicams) oder Kamerakräne einsetzen. Im Grunde trägt ja alles, was den Film irgendwie teurer und professioneller aussehen lässt, zum Filmlook mit bei, und da gehören auch Kräne und Kameraschienenwagen dazu. Mit Letzteren haben wir erst ein Mal Erfahrung gemacht, nämlich bei Heimkehr. Und ich muss sagen, es hat den Film nicht wirklich aufgewertet, soll heißen die 35 Euro waren es nicht wert. Die Schienenverlegung hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, Zeit, die viel besser hätte genutzt werden können. Außerdem waren wir sehr verleitet, dass wenn man den Dolly schon mal hat, ihn auch gleich in jeder zweiten Szene einzusetzen. Also hier wäre weniger mehr gewesen. Es schadet nicht, gewisse Szenen statisch aus verschiedenen Perspektiven, oder einfach nur mit einem Schwenk aufzulösen.

[ "Heimkehr"-Dreh mit dem Dolly ]

Ein großer Unterschied zwischen Film- und Videokameras ist übrigens die unterschiedliche Tiefenschärfe. Videokameras zeichnen wegen ihrer kleinen CCDs ein sehr scharfes Bild auf, wobei die Schärfe nur gering mit der Entfernung abnimmt (=große Tiefenschärfe). Filmkameras hingegen haben eine viel größere Abbildungsfläche (35, 16 oder 8 mm), wodurch die Tiefenschärfe abnimmt, d.h. der Hintergrund verschwimmt bei kleinen Entfernungen schneller. Professionelle Kameramänner nutzen diesen Effekt, um eine Figur vom Hintergrund abzuheben, sodass der Zuschauer sich nur auf den Darsteller konzentrieren kann, und nicht von einem ebenso scharf dargestellten Hintergrund abgelenkt wird. Diese Tiefenunschärfe trägt wesentlich zum Filmlook mit bei und es gibt im Grunde vier Möglichkeiten, diesen Effekt mit einer Videokamera zu erzeugen:

1.) Die erste Möglichkeit fällt für den No-Budget-Filmer flach, da sie meist unerschwinglich ist: Einige Filmtechnikverleiher haben sogenannte 35mm-Adapter im Angebot. Das sind komplexe technische Apparaturen, die, wie ein Objektiv, z.B. auf eine XL1 geschraubt werden können. Im Inneren rotiert eine Scheibe, auf die das Bild projiziert wird. Die Scheibe simuliert sozusagen einen 35mm-Film. Das projizierte Bild wird entweder von der Kamera abgefilmt, oder es wird direkt auf den CCD-Chip geworfen. Die horrenden Ausleihgebühren (von Anschaffungspreisen ganz zu schweigen) haben uns dazu verleitet, uns selbst eine solche Apparatur zu bauen. Schau dir doch mal die Screenshots von Süße Versuchung oder die dazugehörigen Making-Of-Fotos an, um unseren Adapter in Aktion zu sehen.

2.) Diese Möglichkeit ist die wohl gebräuchlichste, weil auch einfach umzusetzen: Man dreht die Blende der Kamera so weit wie möglich auf (kleine F-Zahlen). Dadurch verringert sich schon durch die Optik die Tiefenschärfe. Falls das Bild zu hell wird, kann man das eventuell mit dem Shutter regulieren. Außerdem geht man nicht in den Weitwinkelbereich, sondern in eine Teleeinstellung (ranzoomen). Auch dadurch verringert sich die Tiefenschärfe erheblich. Allerdings ist es für ein geübtes Auge kein Problem, eine gezoomte Einstellung als solche zu entlarven, da diese Bilder viel flächiger wirken, aber der tolle Hintergrund-Unschärfe-Effekt ist nicht von der Hand zu weisen. Je weiter der Hintergrund vom Objekt entfernt ist, desto unschärfer wird er. Hier sollte man, vor allem bei Gesicht-Nahaufnahmen (Close-Ups) in Erwägung ziehen, einfach ein bisschen weiter von der Wand weg zu gehen. Wenn dann noch ein Bild im Hintergrund hängt, sieht man den Unschärfe-Effekt auf jeden Fall deutlicher, als bei einer weißen Wand. Das bei all diesen Einstellungen eine volle manuelle Kontrolle über die Kamera nötig ist, brauch ich wohl gar nicht mehr zu erwähnen. Vor allem manueller Fokus und die Blendeneinstellung sind hier wichtig.

 

[ Unterschied zwischen Weitwinkel- und Teleeinstellung ]

3.) Des weiteren gibt es die Möglichkeit künstlich dem Bild Tiefe zu geben, nämlich mit Nebel. Wer eine Nebelmaschine sein Eigen nennt, sollte damit einmal herumexperimentieren und versuchen, hinter den Protagonisten eine kleine Nebelwand aufzubauen. Das gibt der Einstellung viel mehr Atmosphäre und auch hier verschwimmt der Hintergrund leicht, er wird zumindest abgeschwächt. Schwierig ist es allerdings den Nebel da zu halten, wo er sein soll, da er sich bei Nebelfluid-Maschinen schnell verflüchtigt.

4.) Als letzte und wohl zeitaufwändigste, aber doch theoretisch mögliche Alternative, bleibt die Möglichkeit, das Ganze in der Postproduktion Bild für Bild nach zu bearbeiten. Dann exportiert man sich die Videodatei in einzelnen Frames und fängt mit einer Bildbearbeitungssoftware an, jedem Bild einzeln die gewünschte Unschärfe zu geben. Es gibt aber auch spezielle Plug-Ins für Compositing-Programme, die einem anhand einer animierten Maske die Unschärfe einzeichnen.


4. Sonstiges / Ton

Letztendlich gehört zum Filmlook noch alles dazu, was den Film in irgendeiner Weise teuer aussehen lässt. Dazu gehören geile Locations, eine tolle Ausstattung, die richtigen Kostüme und, wie schon erwähnt, butterweiche Kamera(kran)fahrten. Aber auch der Ton sollte nicht vernachlässigt werden. Was nützen einem die besten Schauspieler und geilsten Kameraeinstellungen, wenn der Ton blechern klingt und von Hintergrundgeräuschen gestört wird? Hierzu ein Tipp: Wenn du einen Tonmann dabei hast, der wichtigtuerisch mit einem fetten Kopfhörer herumläuft, dann sollte er auch seinen Job dementsprechend machen. Das Beste ist hierbei, die Augen zu schließen, damit sich derjenige ausschließlich auf den Ton konzentrieren kann. Da unsere Sinneswahrnehmung ja hauptsächlich auf das optische Element fixiert ist, ist es als Tonmann wichtig, dieses auszuschalten, indem man die Augen zu macht. Nur so kann man wirklich bemerken, dass da doch gerade im Hintergrund ein störendes Auto vorbei gefahren ist, welches man mit geöffneten Augen, beim Beobachten des Schauspielers, gar nicht wahrgenommen hätte.


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